Einwurf

Subbuteo ist nicht gleich Sporttischfußball

In unserem Verband, aber nicht nur dort, spricht man häufig von Subbuteo und Sporttischfußball, als bezeichneten die Begriffe ein und dasselbe - tun sie aber nicht.
Das, wofür der DSTFB steht und was seit ewigen Zeiten im Verband und auf der Ebene des Weltverbandes turniertechnisch gespielt wird, ist Sporttischfußball. Die Unterschiede zu Subbuteo sind nicht unerheblich - die wichtigsten:

- Die Subbuteo Fangemeinde, insbesondere in England und Italien, versteht Subbuteo als großartiges Spiel, das vom Fairplay -Spirit getragen ist und bei dem sich die Turnieratmosphäre sehr stark vom Sporttischfußball unterscheidet. Nicht Gewinnen um jeden Preis ist angesagt, sondern Spaß zu haben, attraktiv zu spielen und eine angenehme Spielatmosphäre zu kreieren. Wer einmal an einem größeren Subbuteo-Turnier teilgenommen hat, dem fallen die Unterschiede zu den "Sporttischfußballturnieren" sofort ins Auge.
Auch werden nahezu ausschließlich Motto-Turniere gespielt, die insbesondere in Italien sehr bunt&kreativ sind und zum Teil den Charakter "Subbuteo meets Pop" haben, wie z.B. das "2. Memorial John Lennon" im November in Lodi.

- Das eingesetzte Spielmaterial ist bei Subbuteo anders, heißt eindeutig retro-orientiert. Es basiert auf der ursprünglichen Spieltechnik der 50er-70er Jahre, zum Einsatz kommen nahezu ausschließlich zweidimensionale Flats mit ihren ganz charakteristischen Bases, die fürs Curlen wie geschaffen sind, und ihre dreidimensionalen Heavyweight-Nachfolger, die Subbuteo ab Mitte der 1960er Jahre zum massenhaften Erfolg geführt hat. Im Unterschied zum modernen Tischfußball, der auf flache Bases setzt, weil diese in Kopplung mit Polishing hervorragend gleiten, auch über längere Distanzen, ist die Technik mit den alten Figuren/Bases bzw. ihren Nachbauten "realistischer" im Sinne den wahren Fußball abbildend und technisch&taktisch interessanter (meine subjektive Meinung, siehe auch die Ausführungen der britischen Flats-Manufaktur Pendle Falcon http://www.pendlefalcon.com) . Sie kombiniert die Fähigkeit des Gleitens mit der des Curlens.
Klassisches Subbuteo benötigt demzufolge auch eine andere Spielfläche, nämlich ein Baize-Pitch (Baumwolle), das eine andere Oberflächenstruktur als ein Astropitch oder andere moderne Pitches aufweist und die Fähigkeit zum Curlen sehr unterstützt. Auf den Punkt gebracht: Klassisches Subbuteo wird auf Baize ohne Polishing gespielt, moderner Tischfußball auf Astros inkl. Polishing. Natürlich kann diese Aufteilung durchbrochen/kombiniert werden - so spielen die Jungs in Berlin ihren modernen Tischfußball auf Baize-Pitches! mit polierten Bases und es gibt Old-Subbuteo-Turniere, bei denen mit Heavyweights/klassischen Bases inkl. Polishing auf Astros gespielt wird.
Nach meiner persönlichen Erfahrung sind solche "Kreuzungen" spieltechnisch jedoch nicht optimal.
Unser legendärer Alterspräsident Günter Czarkowski - a man of the flats - weiß am Besten, wie damals "Subbuteo" gespielt wurde und wie groß die Unterschiede zum modernen Sporttischfußball sind.

- Die Subbuteo-Gemeinde ist deutlich "ästhetischer" ausgerichtet - ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Vollkommen verpönt ist der Einsatz von "häßlichen" Metalltorhütern, die im Tischfußballsport oft auch noch unbemalt, also nackt daherkommen, oder Manipuilationen derselben, um sich Vorteile zu verschaffen. Die auffallend "anti-ästhetische" Ausrichtung der Tischfuballsportler drückt sich sinnbildlich darin aus, dass oft mit nackten, unbemalten Mannschaften gespielt wird. Dass dies nicht regelkonform ist, scheint interessanterweise niemanden zu stören. Wie gesagt, viele der "Classic Subbuteo Tournaments" sind phantasievolle Mottoturniere - oft werden die Turniermannschaften extra für das Turnier angefertigt. Dann spielen nicht Axel Schwarthauer gegen Knut Buchenbach gegeneinander sondern als Revival des Britischen Cups von 1963 West Ham United gegen Preston North End.
Natürlich muss erwähnt werden, dass die "Subbuteo-Szene" in einem starken Maße, auch wegen des ausgeprägten Retro-Touches, eine "Sammler-Szene" ist. Besitzt der moderne Tischfußballspieler oft nur ganz wenige Mannschaften, mit denen er seine Turniere bestreitet, verfügt der Subbuteo-Spieler häufig über eine erstaunliche Collection, an der er sich berauscht.

- Die Regeln sind unterschiedlich. Moderner Tischfußball wird nach "FISTF Regeln" gespielt, traditionelles Subbuteo entweder nach den neueren italienischen "Old Subbuteo Rules" oder nach den britischen "Advanced Rules". Ich selbst spiele mit dem Gedanken, eine neue Fassung fürs Klassische Subbuteo zu entwickeln, da sowohl die italienische wie die englische nicht optimal sind (die FISTF Regeln selbstredend auch) und mir das Drehen an einigen Stellschrauben nötig erscheint. Insbesondere die Abseitsregel ist bei allen Regeln vollkommen vorsintflutlich. Hier müsste unbedingt und analog zu unserem echten Graskickspiel "Passives Abseits" eingeführt werden, heißt, passives Abseitsstehen ist kein Problem. Ich habe bereits bei zwei kleineren Haus-Turnieren sehr erfolgreich mit dem Passiven Abseits experimentiert - das Spiel war in der Offensive viel attraktiver und wurde nicht durch Ticks, Tacks&Tracks aufgehalten. Ein Unding, dass bei offiziellen Turnieren geniale Tore aberkannt werden, weil weit ab vom Spielgeschehen ein Spieler an der Eckfahne passiv herumsteht. Die neue Regel ist aber noch Zukunftsmusik ...

Zuguterletzt: In England, aber noch stärker in Italien - der Bastion des "Old Subbuteo" mit einer gewaltigen Anzahl von aktiven Clubs und Spielern -, stehen sich die Lager der Subbuteo-Gemeinde und des modernen Tischfußballsports z.T. schroff gegenüber. Selbstverständlich besitzt das Subbuteo Lager über sehr aktive und interessante Diskussionsforen, in England das "Independent Subbuteo Forum" http://www.subbuteoforum.org.uk/index.php und in Italien das "Old Subbuteo Forum", auch mit englischsprachiger Abteilung http://oldsubbuteo.forumfree.it/. Obwohl ich mich mit meinen Gliding Stars Aachen eindeutig zum traditionellen Subbuteo-Spiel hingezogen fühle und die Stars demzufolge trotz ihrer Mitgliedschaft im DSTFB ein Subbuteo-Club sind, halte ich nichts von einem "Entweder-Oder". Ein "Sowohl-Als auch" scheint mir sinn- und stilvoller. Ich habe sowohl modernes wie traditionelles Equipment im Angebot und ein Blick auf meine Bar zeigt mir verdammt guten Whisky, lange gelagert, aber auch junges, schnelles Bier - wenngleich, der Whisky ist mir schon lieber, gents.
Nachdem ich mir in den letzten Monaten, ja Jahren, einen sehr guten Überblick über die reiche Welt der Miniaturkicker verschafft habe, arbeite ich nun an konkreten Umsetzungen, um dem Klassischen Subbuteo in Aachen und Deutschland wieder mehr Anhänger zu verschaffen (sehr hochgestochen, ich weiß, Deutschland ist Diaspora). Zeit ist halt das Problem und bei mir ein knappes Gut.
Konkret arbeite ich an einem kleinen Einladungsturnier in Aachen, in meinem bescheidenen City-Appartement, oder besser an zweien, die dann turnusmäßig im Frühjahr und Herbst stattfinden werden. Auch ist eine Homepage geistig in Planung ... werd aber zunächst im März als lonesome German zum Old Subbuteo Festival ins britische Maidenhead reisen. Thema des Turniers: der Skandinavische Challenge Cup, mein Team ist Valerenga Oslo.
Ich muss mich auf harte Bedingungen einstellen ...


Give peace a chance.

Cheers for now
George Best jr.
(Manager Gliding Stars Aachen)

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