INTERVIEW GÜNTER CZARKOWSKI (TSL Dortmund 61)
10. Juli 2014
"Wie heutzutage gespielt wird, ist ganz ´was anderes;
Die Interview-Reihe des DSTFB geht auch in 2014 weiter. Den Start im neuen Jahr macht der mittlerweile 86-jährige
Ehrenvorsitzende, Initiator für Subbuteo in Deutschland und Mitgründer unseres Verbandes. Der Mann mit dem Aussehen
eines 66-Jährigen plaudert aus dem Nähkästchen, erzählt von den Anfängen, beschreibt wie sich der Subbuteo
Sportspielspaß seiner Meinung nach entwickelt hat und blickt auf die Highlights seiner aktiven Zeit zurück. Das
Interview führt Thossa Büsing.
Günter Czarkowski am Ball (1966)
dstfb.de
"Lieber Günter, 40 Jahre ist es nun schon her, dass du dich aus dem aktiven Subbuteo zurückgezogen hast. Was bekommst
du heute noch von den aktuellen Ereignissen mit?"
Günter Czarkowski
"Hin und wieder, wenn ich mir die Zeit einteilen kann, besuche ich noch gerne die eine oder andere
Subbuteoveranstaltung in meiner Nähe, und ich lese natürlich auch immer wieder gerne den DSTFB-Newsletter. Zum
50-jährigen Jubiläum, das in Schwalbach gefeiert wurde, war ich natürlich auch. Dort habe ich mich sehr gefreut,
viele alte Bekannte wieder gesehen und neue Sportfreunde kennen gelernt zu haben. Ab und zu besuche ich
selbstverständlich auch die DSTFB-Homepage im Internet."
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"Wenn du dir das Spiel heute anschaust und es mit dem vergleichst, das du aus deiner damaligen Zeit als aktiver
Spieler kennst, was fällt dir dann dazu ein?"
Günter Czarkowski
"Ich finde, man kann das nicht miteinander vergleichen. Die Figuren haben eine ganz andere Struktur bekommen und es
gibt heute ganz andere Situationen auf dem Spielfeld. Da ich allerdings meine Erfahrungen nur mit den
zweidimensionalen Figuren habe und mit anderem Material nie richtig gespielt habe, kann ich mir ein endgültiges Urteil
nicht erlauben. Aber das was ich so sehe, wie heutzutage gespielt wird, ist ganz ´was anderes, als das, was wir damals
gespielt haben. Vom Tempo her würde ich es allerdings noch miteinander vergleichen. Ich finde sogar, dass es früher
bei uns hier und da sogar schneller zu ging."
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"Insbesondere auf internationalen Turnieren muss man heutzutage leider feststellen, dass es bezüglich
Schiedsrichterentscheidungen immer wieder zu nervigen Diskussionen kommt, die mitunter sogar auch recht heftig werden.
War das zu deiner Zeit auch schon so?"
Subbuteo in Deutschland 1961 bei der TSL Dortmund. Dieter Hagenkötter (rechts) schießt ein Tor
gegen "Onkel" Erich Schulz. Als Schiedsrichter Günter Czarkowski, damals noch üblich mit Trillerpfeife im Mund.
Günter Czarkowski
"Nein! Das gab es nicht. Damals war der Respekt vor den Schiedsrichtern sehr hoch. Bei uns durfte während des Spiels
zum Beispiel nicht gesprochen werden. Bei einem Europapokalspiel habe ich einem Holländern eine Figur vom Platz
gestellt, weil er ständig gemeckert und damit seinen Gegner gestört hat - natürlich nach vorheriger mehrmaliger
Ermahnung. Das war damals die Höchststrafe. Gelbe und rote Karten gab es noch nicht. Die Konzentration des Gegners
durfte einfach nicht gestört werden. Gesprochen werden konnte in der Halbzeitpause oder nach dem Spiel, im Spiel eben
nur das Notwendigste."
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"Bevor du mit dem Subbuteo zum ersten Mal in Kontakt gekommen bist, wie sah da deine fußballerische Begeisterung
aus?"
Günter Czarkowski
"Meine Fußballbegeisterung habe ich aus der Familie meines Vaters geerbt Drei seiner Brüder spielten im Verein und
durch meine Besuche bei deren Spielen habe ich mich wohl endgültig mit dem Ball infiziert. Das ging auch nach meiner
aktiven Fußballzeit mit Tischtennis und Tennis weiter. Schon vor dem 2. Weltkrieg habe ich bei SW Hertha Dortmund in
den Schüler-Mannschaften angefangen und mit 21 Jahren in der 1. Mannschaft beim SV Sportverein 08 Dortmund aufgehört;
aber auch nebenher in unserer Straßenmannschaft (mein Eltern wohnten im Gründlingsweg) und der Siedlungsmannschaft
Spiele erleben dürfen. Mein Ende beim Feldfußball war teilweise auch dadurch bedingt, dass ich im Spiel in der
Mannschaft der Handelsschule Dortmund (wegen des Krieges evakuiert in den Schwarzwald) einen schweren Tritt in die
linke Kniekehle einstecken musste und diese Verletzung nie richtig ausgeheilt ist. Hinzu kam ein liebes Mädchen
(Später hat sie mir beim Aufbau des DSTFB sehr geholfen - vor allem bei der Erstellung, Bebilderung und dem versand
des Mitteilungsblattes -, Verlobung, heirat, beruflich bedingter Umzug nach Solingen und das wars dann "
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"Mit Fußball spielen im Kleinformat hast du dich dann ausgiebig beschäftigt…"
Günter Czarkowski
"Ja, jedoch erstmal nur als Brettspiele, Fußball-Schach hieß eines und das schönste war Der-Mittelstürmer-bist-du."
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Und dann kam die Tante aus England ins Spiel…"
Günter Czarkowski
"Ja, meine Tante Hetti hatte Onkel Albert aus Newcastle geheiratet. Er war hier als englischer Besatzungssoldat
stationiert und die beiden sind dann nach England gezogen. Sie wussten von meiner Fußballbegeisterung und hatten bei
einem Besuch, das war so um 1959, mir das Subbuteospiel mitgebracht. Davon war ich begeistert und hab´ bei jeder
Gelegenheit "Freund und Feind" vom Subbuteo zu begeistern versucht."
Alle Spiele von Günter Czarkowski sind in einer kleinen Mappe festgehalten. Sein Neffe Frank
Hagenkötter (links im Bild) wirft einen Blick drauf.
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"Ab 1961 habt ihr so richtig organisiert losgelegt, wie war das zwischen ´59 und ´61?"
Günter Czarkowski
"Ich habe vor allen Dingen erstmal bei mir in der Verwandtschaft alle verrückt gemacht. Zu Anfang wussten wir ja von
Regeln und so weiter nix. Man sah zwar auf der Packung wie man das mit dem Finger macht, aber der eine spielte es mal
mit dem Fingerknöchel oder mit dem Daumen...es gab die tollsten Variationen."
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"Bis es dann ernsthaft wurde…"
Günter Czarkowski
"Ja, Anfang 1961 hatte ich mit meinem Schwager Dieter Hagenkötter darüber gesprochen, ob wir vielleicht in Dortmund
einen Subbuteoverein gründen sollten und dann habe ich unsere Verwandten besucht, mit denen wir immer Kontakt hatten.
So hatten wir dann schnell sieben Mann zusammen und losgelegt. Wir haben uns in England bei dem Verband TSPA
angemeldet - ich hatte auf der Handelsschule zwei Jahre Englischunterricht gehabt - und von denen hatte ich wiederum
die Adresse von Herrn Feuerlein in Bayern bekommen. Sie hatten dort ja schon einen Subbuteoclub. Mit ihm habe ich mich
in Verbindung gesetzt und zusammen haben wir dann den deutschen Verband gegründet, aber leider hat sich der Bayernklub
kurz danach aufgelöst. Mit der Familie waren wir im Sommerurlaub am Chiemsee und dort hatten wir uns mit Dieter Franke
aus Wetzlar bekannt gemacht und angefreundet, der den nächsten Club gründete. Und so ging es dann immer weiter. Bei
mir in Solingen hatte ich ebenso dafür gesorgt, dass ein Club entstand, Hitdorf kam hinzu, u.s.w. Als ich meinen
Vorsitz im DSTFB e.V. abgab, hatten wir im Bund mehr als 400 Mitglieder. Eine ganz große Hilfe war im übrigen Aribert
Schweiß, den ich kennen gelernt hatte. Er war in der Drogeriebranche tätig und kam überall herum. Und wenn er in der
Nähe von einem neuen Subbuteointeressenten vorbeikam, der sich bei mir gemeldet hatte, ist er dort persönlich
hingefahren, hat die Leute besucht und für den DSTFB gewonnen. So ist auch der Kontakt z.B. zu Hans Mertens
entstanden, der sich ja auch für unseren Verband sehr stark eingesetzt und im Süden viel für uns getan hat."
Die TSL Dortmund zu Gast bei den TFL Schlappekicker Wetzlar. (v.l.) Günter Czarkowski, Lothar Jaite
(beide TSL), Manfred Thiebes, Siegfried Peil (beide Wetzlar), Dieter Franke (Wetzlar) und Erich Schulz (TSL).
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"Ab dem Weihnachtsgeschäft 1961 hat die Fa. Subbuteo erstmals angefangen die, neuen und kleineren dreidimensionalen
Figuren zu verkaufen. Gab es die dann schon überall auch in Deutschland in den Geschäften zu kaufen? Weil, bis dato
ging der Verkauf nur über den Import aus Großbritannien."
Günter Czarkowski
"Nein, das ging da noch nicht, aber als die in England das mitbekommen hatten, mit unseren Aktivitäten hier mit dem
Verband, da ist die Firma an mich herangetreten und hat nachgefragt, ob wir das privat organisieren wollten. Das lief
dann über meine Frau und wir mussten haufenweise Kartons mit allem möglichen Material vom Zoll abholen und haben das
schließlich im Kleinen organisiert. Es dauerte aber nicht lange und in Hamburg hat der Spielwarengroßhändler
Bienengräber das Ganze professionell in die Hand genommen, mit Werbefilmen und Prospekten, u.s.w. bei denen wir
mitgewirkt haben - das war für unseren DSTFB natürlich eine gewaltige Unterstützung. Parallel dazu durfte ich aber
meinen kleinen Handel weiterbetreiben und habe das bis in die ´90er Jahre gemacht."
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"Bist eigentlich auch jemals dem Subbuteogründer Peter Adolph begegnet und wenn ja, was war er für ein Mensch, wie
würdest du ihn beschreiben?"
Günter Czarkowski
"Ja, ihn habe ihn persönlich getroffen und kennenlernen dürfen. Das erste Mal in den Sechzigern beim Europapokal in
London. Ein netter, feiner Mensch, der auch versucht hat mit mir auf Deutsch und ich auf Englisch zu radebrechen. Ich
habe ihn nur von der besten Seite kennen gelernt. Er hatte mir da schon gesagt, dass er es plane Subbuteo lizenziert
zu verkaufen."
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"Die ersten Grundregeln des Spiels hatte Peter Adolph persönlich aufgestellt und dann zusammen mit anderen frühen
englischen Topspielern verfeinert. Die lagen nun mal nur in englischer Sprache vor. Wie ist die weitere Entwicklung
diesbezüglich vonstattengegangen? Die mussten doch auch mal übersetzt werden?"
Günter Czarkowski
"Als wir Anfang der ´60er Jahre den Europäischen Verband gegründet haben - Belgien, England, Holland und wir
Deutschen -, da haben sich die vier Präsidenten der jeweiligen Verbände mehrmals im Jahr getroffen und die bislang
bekannten Regeln, nach unserem Ermessen, verbessert dem richtigen Fußball mehr angeglichen haben. Nur Dave Roberts aus
England sprach kein Deutsch, aber Dick Ling aus Holland und Raymond Kroonberg aus Belgien haben für ihn dann alles
übersetzt. So hat sich das Führungskomitee der ETF geholfen. Später, als es immer komplizierter wurde, kam aus jedem
Land noch je ein Sportfreund hinzu. Bei uns war das der Jupp Kaczmarek, der beim DSTFB für die Regelfragen zuständig
war. Gemacht haben wir diese Regeln in deutscher Sprache und die anderen haben sie dann ins Englische, Französische
u.s.w. übersetzt. Meine schönste Aufgabe im Komitee war, die Sportfreunde in der Schweiz und Österreich der ETF
zuzuführen."
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"Eine richtig schöne, klassische Frage darf selbstverständlich dir nicht vorenthalten werden: Was war das Highlight
für dich während deiner Zeit als aktiver Spieler?"
Die deutsche Subbuteo Nationalmannschaft wurde 1968 sensationell Europameister: (v.l.) Fritz
Metscher (Augustendorf), Willi Hogeweg jun. (Mülheim), Günter Czarkowski (Dortmund) und Bernd Brattge (Mülheim).
Günter Czarkowski
"Der Gewinn der Europameisterschaft 1968 mit der Nationalmannschaft - Bernd Brattge, Willi Hogeweg, Fritz Metscher und
ich. Wir haben alle fast vor Freude geheult. Der erste große Erfolg für den DSTFB. Bis dahin hatten wir in unseren
Nationalmannschaftsspielen noch nie gewonnen - und dann das! Ich hatte alle meine Spiele gewonnen und war happy bis
dorthinaus. Und dann natürlich die großen Erfolge, die mein Sohn Peter hatte: 1970 in London Weltmeister und 1975
Europameister als Einzelspieler in Haibach."
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"Lieber Günter, ich darf mich recht herzlich bei dir für dieses Interview bedanken und lade dich hiermit schon mal als
Ehrengast zum Deutschen Pokal im Oktober nach Kamen ein."
Günter Czarkowski
"Da bin ich dann leider wieder im Urlaub, ich wäre sonst gerne gekommen."
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